14 Dezember 2006

Mein erstes Assessmentcenter / AC ....

Na, das war ja eine erstaunliche Erfahrung. Gestern hatte ich mein erstes Assessmentcenter. Trainer wurden gesucht um eine neue Software ins Roll-out - also bei der Auslieferung - zu begleiten.

Im schönen Königswinter, in einem Hotel direkt am Rhein, war der Veranstaltungsort. Da ich 20 Jahre meines beginnenden Lebens mit dem Blick auf den Drachenfels verbracht habe, freute ich mich auf diesen Ort. Ansonsten ging ich relativ gelassen in die Veranstaltung, da ich keinerlei Vorkenntnisse hatte. Außer der Aussage einer befreundeten Trainerkollegin: "Ach je, dieses Auswahlgehopse." - Ups.


Es war spannend und ich habe sehr viel gelernt.

Nach Informationen zum Projekt und Auftraggeber stellte sich jede/r TeilnehmerIn innerhalb von 5 Minuten vor. Wie es sich gehört für Trainer: stehend vor der Gruppe. Das ist ja nun etwas, was ich im Jahr viele, viele Male tue. Das dabei in einer solchen Gruppe ein wenig Lampenfieber entsteht tut ja gut, aber für so eine "alte Häsin" im Trainingsgeschäft ist es wirklich erstaunlich, dass selbst mit Atemtechnik dem Lampenfieber kaum Herr zu werden ist. "Bleib ruhig, Sabine, es geht für Dich hier doch um nicht. Ist ein interessantes Projekt aber so ein lukrativer Auftrag wird es nicht." Trotzdem - natürlich will ich mich von meiner Schokoladenseite präsentieren, und schon arbeitet die Körper eigene Chemiefabrik auf vollen Touren.

Wieso glauben Trainer immer, dass Kolleginnen und Kollegen anders beobachten als die "normalen" Teilnehmer? Psychologisch geschulte Augen können wir auch von unseren Teilnehmern erwarten - aber jetzt wissen wir, dass unser Publikum sie hat - das ist ein anderes Gefühl. Und - bei einem AC ist klar - hier steht Deine Persönlichkeit auf dem Prüfstand.

Ich spüre bei meiner Präsentation kleine Sprachfehler deutlich. Hier bemerke ich kleine Unsicherheiten, da fahrige Gesten.
Trotzdem kommt die Vorstellung mit dem Schwung rüber, den ich geplant hatte. Ich mag auch kein langweiliges Runterleiern von Lebensläufen und Qulifikationen hören. Bei meinen 20 Jahren Berufstägigkeit und 10 Jahren Selbständigkeit langweilen Detailstationen des Lebens. Welche Infos gebe ich, welche lasse ich weg?

Ich war mit meiner Präsentation sehr zufrieden - aber sehr interessiert an den Emotionen, die ich in mir wahrnehmen konnte.

Dann die erste Übung, die meinem Trainererleben völlig gegen den Strich ging:

In einem Katastrophen Fall - Laptop geklaut - fern in der Fremde - morgen ist das Training - PowerPoint-Präsentation und Teilnehmerunterlagen müssen rangeschafft werden. Auftrag: Schreiben Sie dem Geschäftsführer des Auftraggebers eine Mail aus einem Internetcafé.

Jetzt mal in echt: Würde mir im Traum nicht einfallen. Ich würde gleich telefonieren. Für solche Fälle habe ich eine Notfallnummer meines Auftraggebers - und das ist dann in der Regel nicht der Geschäftsführer sondern mein Trainingskoordinator oder eine Sekretärin. Katastrophen, die beherrschbar sind, sind keine Chef-Sache. Und vor allem: Da ich immer 2 USB-Sticks und eine CD mit den benötigen Unterlagen dabei habe - und zwar keinesfalls in der Laptop-Tasche, sondern an der Frau (auch wir Mädels haben neuerdings Innentaschen in unseren Mänteln und Outdoor-Jacken - Herzlichen Dank an die umsichtigen Modedesigner unserer Zeit) wäre der Verlust meines Laptops nur aus Versicherungsgründen eine Information an meinen Auftraggeber wert - wenn es denn sein Laptop war.

Übung 2 war ein Rollenspiel in dem wir mit Regieanweisungen von der Seite anders reagieren mußten, als wir es für richtig gehalten hätten.
Was immer die Beobachter mit dieser Kurzsequenz anfangen können ???

Übung 3 - endlich - Kontakt zur Software. 20 Minuten Vorbereitung mit Programm und Dokumentation, um anschließend eine Funktionsweise vor dem Publikum zu präsentieren. Ich hatte eine Suchfunktion zu erklären. Ohne die Software und die Branche zu kennen war das auch nicht gerade die stabilste Situation, die ich mir vorstellen kann und bei einem so kleinen Thema konnte ich mich auch nicht richtig warmlaufen. Aber wieder war es sehr spannend, mich in der Situation zu spüren und die emotionalen Reaktionen auf kritische Blicke aus der Beobachter-Runde wahrzunehmen.

Zwischen den Übungen gab es viel Lehrlauf, in dem wir Teilnehmer näher rückten über Erzählungen und Erfahrungsaustausch.

Die Zeit verging schnell.

Den Gabeltest gab es auch - bei dieser Tagesveranstaltung gab es gemeinsames Mittag- und Abendessen und es war auch gern gesehen, dass wir im Hotel übernachteten. Bei meiner Reisestrecke von 66 km und dem anstrengenden Reise-Jahr, das nun im Dezember hinter mir liegt, zog ich es vor, nach Hause zu fahren.

Die Tischgesellschaft war aber so kurzweilig, dass ich dann erst um 22:30 Uhr in meinem Auto die Heimfahrt antrat.

Ob ich im Trainerteam sein werde? Ich habe keine Ahnung - aber ich werde es erfahren - soviel ist sicher.

Und übrigens - ich bin 2 mal am Rhein entlanggebummelt und habe auch den Blick auf den Drachenfels mit und ohne Beleuchtung genießen können.

Assessmentcenter - ja - gerne wieder - jederzeit.

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